In der Lausitz kann man ein Seengebiet bei seiner Entstehung beobachten: das Lausitzer Seenland. Es ist eine Vision, deren Basis der Braunkohleabbau in der Lausitz ist. Für Abbau, Verstromung und Veredlung der Braunkohle ist die Region bekannt, noch sind große Tagebaue wie die in Jänschwalde, Welzow-Süd oder Reichwalde aktiv. Viele der früheren Tagebaurestlöcher haben sich bereits in große Seen verwandelt – genauer: Sie wurden verwandelt. In der Lausitz wird ein großer Plan verwirklicht, einst wird hier einmal die größte künstlich geschaffene Seenfläche Deutschlands, die viertgrößte insgesamt, entstanden sein. Neun Seen werden über Kanäle und Schleusen miteinander verbunden sein. Die etwa 23 Seen, weitere, geflutete Kiesgruben, werden zum Teil hinzugezählt, bilden die zukünftige Wasserfläche. Eine neue Kulturlandschaft entsteht, ähnlich wie im Leipziger Neuseenland, in vergleichsweise kurzer Zeit.
Am Geierswalder See oder am Senftenberger See sind die gefluteten Tagebaurestlöcher zu großen Seen für Urlauber und Anwohner geworden. Der Bärwalder See ist mit 13,6 Quadratkilometern Wasseroberfläche der gegenwärtig größte Binnensee in Sachsen. Sandstrände und Campingplätze, Hafen und Radwege erschließen das Ufer, ein Wassersportdorado etabliert sich. Lohsa, im Nordosten Sachsens, liegt inselgleich vom Silbersee, dem Dreiweiberner See und den Fischteichen, nördlich dem Scheibesee und westlich dem Knappensee umgeben. Einmalige Landschaftsparks wie der Nochtener Findlingspark mit über 7.000 Findlingen, blühenden Parkabschnitten und einem Wüstenspielplatz sind hier geschaffen worden. Geflutet wird der Großräschener See, die fertig gebaute Marina liegt noch trocken. An den IBA-Terrassen ist jetzt der nördlichste Weinberg Brandenburgs zu finden. Im Norden wird das Seenland einmal an den Spreewald angrenzen.
Die Spree ist dort für den Spreewald und nun auch für die Seen die verbindende „Lebensader“, die alles mit ihrem Wasser versorgt. Schwarze Elster und Neiße füllen die anderen Seen, zum Teil wird aufbereitetes Wasser aus der Bergbausanierung eingelassen und Grundwasser genutzt. Die Liste der durch den Braunkohleabbau „verschwundenen Orte“ ist lang, ungefähr 136 Orte sind einfach weg, 25.000 Menschen verloren ihre Heimat. Diese Orte werden nie wieder „auftauchen“, wie beispielsweise bei Talsperren, wenn das Wasser absinkt. In Horno bei Forst ist das „Archiv verschwundener Orte“ entstanden. In dem Dokumentations- und Informationszentrum werden alle Orte, die seit über 100 Jahren der Braunkohle weichen mussten, dokumentiert. Das sorbische Sprichwort „Gott hat die Lausitz erschaffen, aber der Teufel hat die Kohle darunter gelegt“, unterstreicht das zwiespältige Verhältnis zwischen den Menschen und der Braunkohle in der Lausitz. Beim Besuch der Orte der Energieroute Lausitzer Industriekultur oder im Besucherzentrum excursio erklären sich die Dimensionen des Braunkohlentagebaues in der Lausitz und die Entstehung einer völlig neuen Landschaft nach dem Kohleabbau und der Rekultivierung.
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Textquelle:
Philipp, Almut: Die Lausitz - die 99 besonderen Seiten der Region: Halle: Mitteldeutscher Verlag, 2018.
Bildquelle:
Almut Philipp.