Liebe Leserinnen, liebe Leser,
das Kochen, Braten und Backen steht seit jeher in der menschlichen Geschichte im Mittelpunkt des täglichen Lebens. Ist Ihnen aufgefallen, dass im Gegensatz zur Rollenverteilung im täglichen Leben heute die öffentliche Wahrnehmung in der Ausübung dieser Tätigkeit umgekehrt proportional steht: Frauen erledigen nach wie vor mehrheitlich zu Hause täglich das Geschäft in der Küche, wohingegen sich abends im Fernsehen fast ausschließlich die Herren der Schöpfung beim Kochen produzieren.
Nun könnte man meinen, dass das ein unwesentlicher Aspekt sei, - Hauptsache das Essen schmeckt und ist bekömmlich. Eigentlich denke auch ich so!
Aus guter Grundlage und guten Ausgangsprodukten wird meist eine gute Sache. Die tägliche Kunst besteht aber darin, gute Ausgangsprodukte bei meist begrenzter wirtschaftlicher Ausgangssituation auszuwählen. Im Volksmund sagt man, die Kunst sei, aus wenig was zu machen, das bekömmlich und schmackhaft ist.
Unter dieser Prämisse ist die Kochkunst sorbischer Bäuerinnen immer wieder beschrieben und bewundert worden. Eine Rindfleischsuppe mit Eierstock wird in vielen Regionen unseres Landes gekocht. Ich finde aber, sie ist nirgendwo so ausgewogen im Geschmack wie in der Lausitz nach ihren manchmal geheim gehaltenen Rezepten vorzufinden. Wie beim Bierbrauen hat jede Hauswirtschaft ihre persönliche Note.
Auf den folgenden Seiten will ich Sie immer wieder aufs Neue in unsere sorbische Küche entführen. Viele hundert Jahre wird in der Lausitz so gekocht, gebraten und gebacken und bei kritischer Betrachtung ist festzustellen, dass diese Speisen allen modernen Kriterien der gesunden Ernährung Rechnung tragen.
Lassen Sie sich anstecken, einfache Gerichte zu probieren und zu genießen.
Beginnen möchte ich jetzt im Herbst mit Rezepten rund um die Kartoffel, die Sie in den nächsten Tagen auf diesen Seiten finden. Und einstimmen möchte ich Sie mit Zeilen aus dem Oratorium „Herbst" von Handrij Zejler:
DU BRINGST DES HIMMELS GABEN
Du bringst des Himmels Gaben,
im Freudenrausch du sprühst,
und reichen Tisch wir haben:
O Herbst, sei uns gegrüßt!
Du schwächst der Sonne Feuer,
reifst nach und nach die Frucht,
füllst jedermann die Scheuer,
der deine Gaben sucht.
Nur milde Strahlen walten
auf Wiesen, Gärten noch,
und Blumen sind entfalten:
Du lebst in ihnen doch.
Noch immer reich gekleidet,
in Farbenpracht du glühst,
wie eine Braut beneidet:
O Herbst, sei uns gegrüßt!
(Handrij Zejler; 18.04.1883)
TY Z NJEBJA ŽOHNOWANA
Ty z njebja žohnowana,
Na wjes´lach bohata,
Ty z p?odom wob?ežkana,
K nam witaj, nazyma!
Ty žah?e s?ón?ko smiliš,
P?ód zrawiš z njehna?a.
A z darnej ruku žiwiš,
Štož twój dar potrjeba.
Ty w swojich pruhach mi?a
Na ?ukach, zahrodkach,
Sy w swojich kw?tkach žiwa
Po horach, po do?ach.
Na barbach hiš?e krasna
A z b?yš?om debjena,
Kaž pyšna družka kwasna:
Nam witaj, nazyma!
(Handrij Zejler; 18.04.1883)
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Maria Michalk, MdB